Wertpapierformen Schweiz - Unterschiede einfach erklärt

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Joel Hoff
Account Executive

Wertpapierformen in der Schweiz

Das Schweizer Obligationenrecht sieht drei zentrale Formen oder rechtlich auch Verpackungen vor, in denen Aktien ausgestaltet werden können: Physische Wertpapiere, einfache Wertrechte sowie Registerwertrechte. Zusätzlich kann jede Aktienform in Bucheffekten “eingekleidet” werden. Obwohl alle Ausgestaltungsvarianten den Eigentumsanspruch eines Aktionärs rechtlich absichern, unterscheiden sie sich in Form, Verwahrung, Übertragbarkeit und Kapitalmarktfähigkeit.

Ein physisches Wertpapier ist eine Urkunde, die den Eigentumsanspruch verbriefend dokumentiert. Ein einfaches Wertrecht ist ein nicht verbrieftes Mitgliedschaftsrecht, das im Aktienbuch des Emittenten eingetragen ist. Ein Registerwertrecht stellt mit Revision des Schweizer Obligationenrechts und der Einführung der sogenannten DLT-Vorlage eine digitale Weiterentwicklung der Wertrechte dar. Sie basieren auf der Eintragung in ein dezentral und elektronisch geführtes Register, das die Anforderungen an Fälschungssicherheit, Transparenz und Integrität erfüllt. In der Praxis werden hierfür meistens Blockchain-Technologien eingesetzt und man spricht deshalb bei Registerwertrechten häufig auch von tokenisierten Aktien. Ein Bucheffekt ist hingegen ein Wertrecht, das gemäss Bucheffektengesetz (BEG) bei einem Intermediär wie beispielsweise einer Bank, in einem Wertschriftendepot verwahrt wird. Diese Unterschiede sind von erheblicher praktischer Relevanz für Unternehmen die einen Börsengang in der Schweiz planen, eine eigene ISIN beziehen wollen oder einen Exit durchführen wollen.

Historische Entwicklung und rechtlicher Rahmen von Wertpapierformen in der Schweiz

Physische Wertpapiere

Historisch betrachtet waren physische Wertpapiere der Ausgangspunkt des Aktienverkehrs. Aufwändig gestaltete Urkunden dienten den Aktionären als Eigentumsnachweis. Diese Zertifikate unterlagen nicht der Kontrolle der Gesellschaft, was den Aktionären unmittelbare Besitzrechte einräumte, jedoch auch mit Risiken verbunden war. Verlust oder Diebstahl des Eigentumsnachweises sowie die damit einhergehende Erschwernis der Übertragung bedingten einen hohen administrativen Aufwand. Verlorene Urkunden müssen in einem aufwändigen und sehr zeitraubenden Rechtsprozess für kraftlos erklärt werden. Darüber hinaus waren die Kosten für Druck, Lagerung und Transport als erheblich einzustufen.

Einfache Wertrechte

Mit dem Aufkommen digitaler Verwaltungsmöglichkeiten wurden sogenannte einfache Wertrechte eingeführt. Die physische Urkunde wurde obsolet, da die Eigentumsverhältnisse fortan ausschliesslich im Aktienbuch der Gesellschaft dokumentiert wurden. Aus rechtlicher Perspektive werden einfache Wertrechte gemäss Art. 973c OR als nicht verurkundete Mitgliedschaftsrechte definiert, die im Aktienbuch des Emittenten eingetragen werden. Dies impliziert eine Rückverlagerung der Verwahrung von den Aktionären zur Gesellschaft. Der Vorteil dieser einfachen Wertrechte liegt deshalb in einer signifikanten Kostenreduktion, einer vereinfachten Übertragbarkeit und dem Wegfall physischer Verlustrisiken.

Bucheffekten

Der nächste Entwicklungsschritt erfolgte mit dem Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes (BEG). Diese Massnahme ermöglichte die Führung einfacher Wertrechte als Bucheffekten in einem Bucheffektensystem. In der praktischen Anwendung werden diese Bucheffekte in Bankdepots verbucht und zentral verwahrt. In dieser Folge kommt es deshalb zu einer erneuten Verlagerung der Verwahrung, von der Gesellschaft zu einem Finanzintermediär. Für Aktionäre bietet dies eine erhöhte Sicherheit, da die Verwaltung den strengen regulatorischen Vorgaben der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA) unterliegt. Ein weiterer Aspekt, der die Attraktivität von Bucheffekten erhöht, ist ihre internationale Handelbarkeit. Sie sind mit einer International Securities Identification Number (ISIN) versehen und können als Kreditsicherheit dienen. Für Gesellschaften, die einen IPO in der Schweiz oder eine Kotierung an einer internationalen Börse anstreben, sind Bucheffekten nahezu obligatorisch, da sie die Handelbarkeit an regulierten Märkten erst ermöglichen.

Tokenisierte Aktien

Als letzte Erneuerung kam im Jahr 2021 mit der Einführung der DLT-Vorlage das Registerwertrecht. Dieses entsteht, wenn der Emittent seine Aktien in ein elektronisches Register einträgt, das die Kriterien des Schweizer Obligationenrechts erfüllt. Die Übertragung der Aktien erfolgt dann nicht mehr über eine Abtretungserklärung oder Eintrag im physischen Aktienbuch, sondern unmittelbar über das digitale Register. Damit wird die Aktie digitalisiert und kann innerhalb des Systems direkt von einem Aktionär auf den anderen übertragen werden. Der Einsatz von Registerwertrechten ist vor allem dann sinnvoll, wenn ein Investorensegment mit kryptoaffiner Ausrichtung angesprochen wird. Bei institutionellen Investoren hingegen stösst das Konzept tokenisierter Aktien aufgrund rechtlicher Unsicherheiten bisher auf wenig Akzeptanz.

Übersicht - Wertpapierformen

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Praxisrelevante Überlegungen für Unternehmen

Einfaches Wertrecht: Die Basis für KMU’s

Für kleinere Aktiengesellschaften ohne Kapitalmarktfokus stellen einfache Wertrechte in der Regel die effizienteste Form der Aktienverwahrung dar. Die minimieren Kosten, vereinfachen die Verwaltung und geben der Gesellschaft die vollständige Kontrolle über das Aktienbuch. Die Abwicklung von Transaktionen bleibt intern und erfordert keine Bankenintermediäre.

Registerwertrechte: Für Kryptoaffine Investoren

Für kleinere Aktiengesellschaften mit Krypto-affinen Investoren können sich Registerwertrechte am besten eignen. Besonders Unternehmen, die gezielt viele Kleinanleger gewinnen wollen, profitieren im Falle von viel erwarteten Sekundärtransaktionen, von der einfachen, digitalen Übertragbarkeit. Allerdings sind für Gesellschaften, die einen klassischen Börsengang anstreben oder grosse institutionelle Investoren gewinnen wollen, Registerwertrechte derzeit weniger geeignet. Hier bieten Bucheffekten weiterhin den etablierten Standard, da sie international anerkannt, ISIN-fähig und mit globalen Handels- und Verwahrungsstrukturen kompatibel sind.

Bucheffekten: Der Standard für IPO’s

Für grössere Gesellschaften oder solche, die einen Börsengang in Erwägung ziehen, bieten Bucheffekten klare strategische Vorteile. Neben der internationalen Handelbarkeit ermöglichen sie die Nutzung etablierter Settlement-Systeme, erleichtern die Erfüllung regulatorischer Anforderungen und stärken das Vertrauen institutioneller Investoren. Ein weiterer möglicher Vorteil für die Aktionäre, liegt darin, Bucheffekten im Bankdepot zu beleihen. Dies kann besonders für Gründer von Vorteil sein, die über viele Vermögenswerte, aber wenig Liquidität verfügen, beispielsweise für eine Immobilienfinanzierung.

Physische Wertpapiere: Symbolische Zwecke

Physische Wertpapiere sind heute aus praktischer Sicht nur noch selten sinnvoll. Der Einsatz von physischen Zertifikaten beschränkt sich auf Sonderfälle wie Jubiläumsurkunden, Sammlerstücke oder symbolische Zwecke bei Firmengründungen. Für die operative Abwicklung und Kapitalmarktintegration bieten sie keine signifikanten Vorteile mehr.

Welche Wertpapierform passt für mein Unternehmen?

Zur erleichterten Auswahl der geeigneten Form der Aktienverwahrung ist untenstehend ein Entscheidungsbaum abgebildet:

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Schlussbetrachtung

Die Entscheidung zwischen physischem Wertpapier, einfachem Wertrecht, Registerwertrecht und Bucheffekt ist nicht allein rechtlich zu begründen, sondern vor allem strategisch und operationell zu betrachten. Für KMU stellen einfache Wertrechte eine kosteneffiziente und verwaltungstechnisch unkomplizierte Lösung dar, wohingegen Bucheffekten für börsennotierte Gesellschaften und IPO-Kandidaten nahezu unverzichtbar sind. Sie schaffen die technische und rechtliche Basis für die Aufnahme in Handelsregistersysteme, erhöhen die Attraktivität für Investoren und eröffnen Finanzierungsmöglichkeiten über die Beleihung von Aktien.

Für Unternehmen, die einen Börsengang in der Schweiz in Erwägung ziehen, empfiehlt sich eine frühzeitige Prüfung, ob die Struktur ihrer Aktie den Anforderungen des Kapitalmarkts entspricht. Die Umstellung auf Bucheffekten erfordert nicht nur juristische Anpassungen, sondern auch die Einbindung einer Depotbank als Zahlstelle. Ein sorgfältig konzipierter Übergang von einfachen Wertrechten zu Bucheffekten kann von entscheidender Bedeutung sein, um die Kapitalaufnahme zu optimieren und den Unternehmenswert im Rahmen eines IPO zu maximieren.

Es wird evident, dass die Ausgestaltung von Aktien nicht lediglich eine formaler Aspekt des Gesellschaftsrechts ist, sondern als wesentlicher Baustein der Unternehmensstrategie zu betrachten ist. Dies ist in sämtlichen Unternehmensformen, vom kleinen Familienunternehmen bis hin zur global agierenden Publikumsgesellschaft, zu berücksichtigen.


All articles Published: Sept. 02, 2025